Nepenthes – Hochlandarten

Die Kultur von Hochland-Nepenthes

Zu meinen Lieblingsgattungen aus dem Kreis der fleischfressenden Pflanzen gehören ganz klar die Hochlandnepenthes. Keine andere Gattung bietet so viele verschiedene Farben und Formen, insbesondere der eigentlichen Fallen, wie die der Nepenthes aus dem tropischen Hochland. Beheimatet sind diese Pflanzen im südostasiatischen Raum, dazu gehören unter anderem die Inseln Sumatra, Borneo und die Philippinen. Wenn ich vom ‚Hochland‘ spreche, beziehe ich mich auf Lebensräume oberhalb von 1000 Höhenmetern, die sich entscheidend vom dauerhaft heißen Tiefland unterscheiden. Allerdings zieht sich die Zone, in der die Kannenpflanzen wachsen bis auf mehr als 3000 Meter Höhe, weshalb man auch hier nochmal differenzieren muss.

Die Bedingungen, der die Pflanzen in diesen Höhen und Breiten ausgesetzt sind, unterscheiden sich deutlich von denen der Tieflandpflanzen und das hat maßgeblich mit der Nacht zu tun. Während im tropischen Tiefland Tag und Nacht, Sommer und Winter, nahezu gleichbleibende Bedingungen herrschen, so sind die der Hochlandpflanzen durch einen entscheidend unterschiedlichen Aspekt gekennzeichnet: Die Temperaturunterschiede. Bei Tagestemperaturen oberhalb der 20°C, im sogenannten Mittelhochland eher 25°C, wachsen die Pflanzen bei ähnlichen Temperaturen, wie auch im Tiefland. In der Nacht fallen sie dann aber um etwa 5 bis 10°C, in höheren Regionen sogar noch weiter. Die Luftfeuchte liegt im hohen bis sehr hohen Bereich und die Sonnenscheindauer liegt, da äquatornah, bei etwa 12 bis 13 Stunden täglich.

Nepenthes densiflora x mirabilis var. globosa Nepenthes tenuis x edwardsiana

Schaut man sich die einschlägige Literatur genauer an, so gelten Hochlandnepenthes allgemein als eher schwer zu halten. Bestätigen kann ich das aus persönlicher Erfahrung allerdings nur bedingt. Zur Haltung dieser Pflanzen eignen sich Terrarien sehr gut, da hierin kontrolliert stabile Bedingungen, insbesondere was Luftfeuchte und Beleuchtung betrifft, bereitgestellt werden können. Da Nepenthes aber ab einem gewissen Alter das Wachstumsstadium der Bodenrosette verlassen und anfangen „zu klettern“, muss spätestens dann über ein Growtent oder Gewächshaus nachgedacht werden. Das kann aber viele Jahre dauern, weshalb ich mich bei den Kulturhinweisen zunächst nur auf junge Pflanzen beziehen möchte.

Ein guter, weil durch natürliche Kühlung kostengünstiger, Standort für Kannenpflanzen aus dem Hochland ist ein beheizbarer Kellerraum mit Fenster. Zum einen kann hier die erforderliche nächtliche Temperaturabsenkung durch einfaches Fensteröffnen oder -kippen hergestellt werden und zum anderen ist eine Temperaturerhöhung am Tag einfach per Raumheizung zu bewerkstelligen. In einem eben solchen Raum stehen meine Pflanzen, wegen der erforderlichen, erhöhten Luftfeuchte, in ihren Terrarien und wachsen so, nahezu völlig technikfrei. Durch das nachts gekippte Fenster erreiche ich eine Temperaturabsenkung von etwa 5-7°C, was den meisten Hoch- und Mittelhochländern völlig ausreicht, um zufriedenstellend zu wachsen. Meine jahreszeitlich bedingten Temperaturen hier in der Übersicht:

FrühlingSommerHerbstWinter
Tagestemperatur24-26°C25-30°C24-26°C20-24°C
Nachttemperatur16-20°C17-22°C16-20°C14-18°C

Dazu sei noch erwähnt, dass ich die Terrarien in vier Ebenen, vom Fußboden bis zur Decke angeordnet betreibe, was einen Temperaturunterschied von etwa 3 oder 4°C von ganz unten bis ganz oben ausmacht (unten kalt, oben warm). So ist dann die Möglichkeit gegeben, die Pflanzen, die wärmere Temperaturen tolerieren nach ganz oben und die sogenannten Ultra-Hochländer nach ganz unten zu positionieren.


Ich benutze bewusst Terrarien, da diese im unteren Bereich an der Front einen Lufteinlass und im Deckel oder im oberen rückwärtigen Bereich einen Luftauslass besitzen. Dieser reicht nach meinen Erfahrungen aus, um eine ausreichende Luftzirkulation zu erreichen. Dies ist eine wichtige Voraussetzung, da bei stehender, nicht bewegter Luft Schimmel droht.

Der nächste Punkt, der in der Kultur von Hochland-Nepenthes eine, wenn nicht die wichtigste, Rolle spielt, ist die Beleuchtung der Pflanzen. Hier hat sich in den letzten zehn Jahren unheimlich viel getan, so dass man mittels LED-Leuchten inzwischen auch einigermaßen kostengünstig beleuchten kann. Waren vor etwa sechs, sieben Jahren noch große Natriumdampflampen mit mehreren hundert Watt Leistung nötig, um eine ausreichende Beleuchtung zu gewährleisten, so reicht heute ein 22W-Strahler mit effizienten LED’s bestückt, um ein Terrarium von 60x40x40cm zu beleuchten. In eben diesen Terrarien halte ich alle meine Pflanzen und konnte meinen Stromverbrauch von vormals 90W auf jetzt 22W pro Terrarium senken. Als Lichtfarbe wird hierbei vorwiegend sogenanntes Kaltweiß (4000 Kelvin) verwendet, aber auch Kombinationen mit Warm- oder Tageslichtweiß (3000 bzw. 6500 Kelvin) können gute Ergebnisse erzielen.


Und dann komm‘ ich auch schon zum letzten Punkt, der da heißt „Wasser und Substrat“. Dafür muss man zunächst wissen, dass Kannenpflanzen sehr dünne Wurzelstränge besitzen, die bei zu viel Feuchtigkeit schnell verrotten und bei zu wenig Feuchtigkeit schnell vertrocknen. Bedeutet für die Kultur, dass die Pflanzen dauerhaft feucht, aber nicht nass gehalten werden müssen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Karnivoren, die im Anstau gehalten werden, stehen die Nepenthes im Allgemeinen auf Abtropfgittern, so dass überschüssiges Gießwasser abfließen kann.

Um dafür zu sorgen, dass die empfindlichen Wurzeln ausreichend belüftet sind, sollte auf einen lockeren Substratmix zurückgegriffen werden. Hier hat sich Torfmoos (Sphagnum), sowie hochwertiger, wenig zersetzter Torf bewährt. Mein Substratmix besteht zu einem Großteil aus eben jenem wenig zersetzten Torf (H1-H2), dazu aus totem Sphagnum, Agrofoam (Schaumstoffflocken), Perlit und Pinienrinde. Damit erreiche ich auf der einen Seite ein lockeres, gut durchlüftetes Substrat und nutze auf der anderen Seite die wasserspeichernden Eigenschaften der einzelnen Bestandteile.

Um das Antrocknen der Substratoberfläche zu verhindern und eine feuchte Umgebung für die Pflanzen zu schaffen, hat es sich bewährt, sozusagen als „Topping“, eine Schicht aus lebendem Sphagnum-Moos auf der Topfoberfläche zu platzieren. Je nach Art, wächst das Moos allerdings recht zügig, so dass häufig zur Schere gegriffen werden muss. Für Jungpflanzen und kleinere Arten verzichte ich inzwischen komplett darauf, bei den großen Pflanzen macht es aber durchaus Sinn und hat ganz nebenbei auch noch einen gewissen, nicht zu verschweigenden Deko-Effekt.


Um das Ganze nochmal in ein paar Stichpunkten zusammenzufassen:

  • ein gekipptes Fenster in der Nacht reicht im Normalfall für die Nachtabsenkung
  • viel Licht ist nötig, mit LED-Technik aber inzwischen erschwinglich
  • feuchtes, nicht nasses, eher grobes Substrat sollte verwendet werde

Auf’s Thema Vermehrung möchte ich hier noch nicht eingehen, werde das aber zu gegebener Zeit an der entsprechenden Stelle noch nachholen.

 

Christian